16.05.2023
Im April 2022 pflanzte die IK-Bau NRW in Ratingen rund 6.000 Bäume. Wir haben mit dem Forstwirt Wilderich Freiherr von Ketteler darüber gesprochen, wie die Setzlinge den trockenen und heißen Sommer überstanden haben und was Ingenieurtechnik für den Wald leisten kann.
IK-Bau NRW
Anfang bis Mitte letzten Jahres haben Sie teils mit tatkräftiger Unterstützung der Kammermitglieder rund 6000 Bäume in Ratingen gepflanzt. Wie haben die Setzlinge den trockenen und heißen Sommer überstanden?
Wilderich Freiherr von Ketteler
Ganz pauschal gesagt ist es schwierig, zum jetzigen Zeitpunkt den Erfolg der Pflanzaktion des letzten und dieses Jahres zu beschreiben. Das Wetter zum Pflanzen war jeweils gut. Die Qualität der Arbeit war professionell. Der Sommer selbst war zu trocken und zu warm. Die Bäumchen hatten einen gewissen Stress, mit der Hitze klarzukommen. Aber dieses voraussehend wurden ja auch die entsprechenden Baumarten ausgewählt, welche mit den Umständen besser zurechtkommen. Etwas positiv gestimmt möchte ich sagen, dass beinahe alle Pflanzen gut angewachsen sind.
IK-Bau NRW
Sie haben auf der aufzuforstenden Fläche unterschiedliche Baumarten wie Buchen, Vogelkirschen, Bergahorn und Traubeneichen gepflanzt. Lässt sich schon beurteilen, welche Arten mit dem Klima und dem Standort zu Recht kommen und welche nicht?
Wilderich Freiherr von Ketteler
Auf der aufzuforstenden Fläche wurde schwerpunktmäßig Traubeneichen mit Pfahlwurzeln gepflanzt. Als Pfahlwurzel wird bei Pflanzen eine Wurzel bezeichnet, die sich aus der Keimwurzel zur Hauptwurzel entwickelt und die vertikal in den Boden wächst und sich damit auch tiefere Bodenschichten erschließen kann. Das ist eine Eigenschaft, welche es den Pflanzen ermöglicht, besser mit Wassermangel klarzukommen. Auch die weiteren Baumarten wurden so ausgewählt, dass diese mit den unterschiedlichen Standortbedingungen auf der Fläche klarkommen können und wir hoffentlich nur wenige Ausfälle haben werden, sofern das Wetter (insbesondere die Niederschläge) mitspielt. Letztlich wird sich erst in den nächsten Jahren bis Jahrzehnten zeigen, ob die Klimaanpassung gelungen ist.
IK-Bau NRW
Um die Ergebnisse als Laie besser einordnen zu können. Wann ist eine Pflanzung ein Erfolg, wann ein Misserfolg? Mit welchen Ausfallquoten muss man standardmäßig rechnen?
Wilderich Freiherr von Ketteler
Die Pflanzung der Bäume ist dann ein Erfolg, wenn sie dauerhaft angegangen sind. Das heißt im Groben gesagt, wenn der Baum im Frühjahr austreibt, grüne Blätter entwickelt und neue Knospen bildet. Der Stamm und die Äste sind weich und elastisch. Qualitativ schlechtes Pflanzmaterial oder eine unfachmännische Pflanzung können aber noch Jahre später zu Ausfällen führen. Selbst wenn alles optimal gelaufen ist, kommt es zu Ausfällen von bis zu 10 Prozent
IK-Bau NRW
Stichwort Trockenheit. Inwiefern ist man als Waldbesitzer dem Klima "ausgeliefert"? Oder kann man aktiv zu einer besseren Bewässerung des Bodens beitragen. Wären hier vielleicht auch der Einsatz von Ingenieurtechnik denkbar?
Wilderich Freiherr von Ketteler
Wald kann man nicht bewässern. Zumindest nicht ökonomisch. Es bedürfte hierzu eines technisch aufwendigen und finanziell untragbaren Verfahrens. Ob mit der Gießkanne oder einem Feuerwehrschlauch – der Waldboden muss das Wasser langsam, kontinuierlich und über einen ausreichenden Zeitraum aufnehmen und gesättigt sein bis zu einer notwendigen Tiefe. Bei einer großflächigen Oberflächenbewässerung droht der Wasserabfluss mit Erosion. Außerdem wird dabei auch die Begleitvegetation als Konkurrenz zum Baum mit gefördert. Wenn das Klima/Wetter diese Voraussetzungen für das Gedeihen der Pflanzen nicht möglich macht, ist der Waldbesitzer diesem ausgeliefert. Hier besteht extrem dringender Handlungsbedarf. Die Ingenieurtechnik kann helfen, indem der Rohstoff Holz vermehrt im Bausektor Anwendung findet. Das schafft Substitutionseffekte und bindet langfristig CO₂.
IK-Bau NRW
Wie geht es weiter? Benötigen die Setzlinge in den nächsten Jahren eine aktive Pflege und Zuwendung? Oder muss man hoffen, dass das Wetter mitspielt und ansonsten viel Geduld haben?
Wilderich Freiherr von Ketteler
Im Wald geht alles langsam. Das verlangt ein gehöriges Maß an Geduld. Den Bäumen aktiv helfen kann man in den nächsten 10 bis 15 Jahren durch ständige Kulturpflege. Brombeere, Traubenkirsche, Birke, Ilex, und Adlerfarn müssen über einen langen Zeitraum kurzgehalten werden. Licht, Wasser und Platz brauchen unsere Setzlinge, um erfolgreich wachsen zu können.
Das Interview führte IK-Bau NRW-Pressesprecher Dr. Bastian Peiffer