10.12.2024

AHO-Herbsttagung 2024 – Vorgezogene Bundestagswahl verzögert Abschluss der HOAI-Reform

AHO-Herbsttagung 2024 – Vorgezogene Bundestagswahl verzögert Abschluss der HOAI-Reform

Die laufende Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) unter den geänderten aktuellen politischen Vorzeichen der bevorstehenden Bundestagsneuwahl im Februar 2025 stand im Fokus der diesjährigen AHO-Herbsttagung, die am 05. Dezember 2024 vor mehr als 150 Teilnehmern im Ludwig-Erhard-Haus in Berlin stattfand.

Klaus-D. Abraham und Dr. Elga Bartsch
Klaus-D. Abraham und Dr. Elga Bartsch
AHO

Besonderes Interesse fand der Vortrag der Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik aus dem für die HOAI federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Dr. Elga Bartsch, die zum aktuellen Stand der HOAI-Novellierung berichtete und einen Ausblick gab, wie es mit der HOAI-Reform unter den geänderten politischen Randbedingungen weitergeht. Sie betonte, dass sowohl mit dem vom Bundesbauministerium (BMWSB) vorgelegten Planungsbereichsgutachten als auch mit dem vom BMWK beauftragten Honorargutachten, das kurz vor dem Abschluss steht, beeindruckende wissenschaftliche Grundlagen und ein starkes, solides Fundament für die Weiterentwicklung der HOAI vorliegen, auf das sich auch eine neue Bundesregierung stützen kann. Frau Dr. Bartsch unterstrich, dass die fachliche Arbeit an der HOAI-Reform in ihrem Haus fortgeführt wird, gab aber auch unmissverständlich zu verstehen, dass bis zum Februar 2025 nicht die notwendige Zeit für die Durchführung eines geordneten Novellierungsverfahrens verbleibt. Sie betonte aber nochmals, dass die erarbeiteten Gutachten eine zukunftstaugliche Grundlage, für die von einer neuen Bundesregierung abzuschließende HOAI-Reform darstellen. Sie dankte dem Gutachterteam um Professor Christian Stoy und allen Beteiligten aus den Kammern und Verbänden der Architekten und Ingenieure für Ihre Mitwirkung an dem komplexen Novellierungsprozess.

Der AHO-Vorstandsvorsitzende Dipl.-Ing. Klaus-D. Abraham machte deutlich, dass die Zeit zur Umsetzung der HOAI-Reform und die Aktualisierung der Leistungsbilder und der Honorartafeln drängt. Angesichts der wirtschaftlichen Randbedingungen und der Situation der überwiegend mittelständisch geprägten Planungsbüros, die mit erheblichen Kostensteigerungen konfrontiert sind, ist eine umgehende Anpassung der Honorartafeln, die seit 2013 unverändert sind, besonders für die Stadt- und Flächenplanungen von existentieller Bedeutung. Der AHO wird sich gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer und allen Kammern und Verbänden für das direkte Aufgreifen der HOAI-Reform in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung mit dem Ziel einsetze, die HOAI-Reform schnellstmöglich abzuschließen. Er betonte aber auch, dass direkt nach Abschluss der HOAI-Novellierung eine wissenschaftliche Grundsatzuntersuchung zur Struktur, dem Planungsaufwand und den Kosten in Architektur- und Ingenieurbüros notwendig ist, um die HOAI insgesamt auf belastbare Datengrundlagen zu stellen.

Nicht zuletzt anlässlich des Internationalen Tag des Ehrenamtes dankte er allen ehrenamtlich an dem Novellierungsprozess beteiligten Architekten und Ingenieuren für ihre fachliche Expertise und ihr unglaubliches Engagement.

Einen äußerst gelungenen Überblick über das Sachverständigengutachten zur Überarbeitung der Honorarberechnung der HOAI gab Professor Dr. Christian Stoy, der mit seinem Gutachterteam das Kunststück fertigbrachte, in nur sieben Monaten Bearbeitungszeit alle Honorartafeln der HOAI zu modellieren und fortzuschreiben. Im Ergebnis sehen die Empfehlungen sowohl für die Flächenplanungen als auch für die Objekt- und Fachplanungen eine deutliche Anhebung der Honorartafeln vor, was insbesondere auf die deutliche Steigerung der Anforderungen im Rahmen der rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen in den letzten zehn Jahren und der damit verbundenen Steigerung des Planungsaufwandes, aber auch der erheblichen Kostensteigerungen in den Planungsbüros, zurückzuführen ist. Für den Bereich der Flächenplanungen ist die Weiterentwicklung der Berechnungsmodelle hinsichtlich einer „Dynamisierung“ der Honorartafeln zu erwähnen. Darüber hinaus wurde für ein neues Leistungsbild Städtebaulicher Entwurf eine Honorartafel entwickelt. Neben der Fortschreibung der Honorartafeln wurden die Regelungen des zugrundeliegenden Planungsbereichsgutachten überprüft und konkretisiert.
Schließlich wies auch Prof. Stoy am Beispiel der veränderten Planungszeiten auf die Notwendigkeit einer zukünftigen Grundsatzuntersuchung hin, um in jeder Hinsicht belastbare Datengrundlagen zu ermitteln.

Ein besonderer Höhepunkt der Tagung war der Vortrag von Professor Dr. jur. Andreas Jurgeleit, Richter am Bundesgerichtshof, der die Sichtweise des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes zu dem Vorschlag für ein Gebäudetyp- E-Gesetz darstellte. Unter Verdeutlichung der bestehenden zivilrechtlichen Gesetzeslage und insbesondere der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes betonte Prof. Jurgeleit, dass diese einem einfachen und kostengünstigen Bauen nicht entgegenstehen, sondern die berechtigten Interessen aller an einem Bauvorhaben Beteiligten schützen. So sei innovatives Bauen auf dieser Grundlage – wie die bautechnische Entwicklung seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches zum 01.01.1900 zeigt - stets möglich. Wichtig war und ist, dass die Vertragsparteien sich über neue Bauweisen oder die Verwendung neuer Stoffe eindeutig vertraglich verständigen. Prof. Jurgeleit sparte nicht mit Kritik an dem vom Bundesjustizministerium vorgelegten Gesetzentwurf, der aus seiner Sicht in einem Schnellverfahren ohne hinreichende fachkundige Begleitung tiefgreifende Änderungen des Bauvertragsrechts vorsieht, ohne deren Wirkungen vertieft durchdacht zu haben. Aus seiner Sicht sei der Gesetzentwurf in der vorliegenden Form abzulehnen, weil insbesondere der Mangelbegriff des Werkvertragsrechts grundlegend verkannt werde. Der Gesetzentwurf ist deshalb zur Herbeiführung seines Ziels nicht geeignet, da die bei der Errichtung von Wohngebäuden typischerweise gegebene Leistungskette nicht bedacht werde und eine Bindung der Gerichte an sicherheitsrelevante Normungen mit dem Demokratieprinzip nicht zu vereinbaren sei.

In der angeregten Diskussion wurde auch aus den Erfahrungen in der Praxis deutlich, dass ein Abweichen von den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik auch mit anwaltlicher Unterstützung zu erheblichen Unsicherheiten führt, welche Anforderungen an die Aufklärung des Bauherrn bei Abweichung von den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik vonnöten sind und wie diese rechtswirksam vereinbart werden können. Hier wäre es lohnenswert, dass sich das Bundesjustizministerium mit Hilfestellungen und Textvorschlägen für die Aufklärung beschäftige, wie das beispielsweise mit der Regelung des Artikel 249 § 2 EGBGB zu Informationspflichten bei Verbraucherbauverträgen bereits vollzogen wurde.

Wie in jedem Jahr wurden im Rahmen der AHO-Herbsttagung die wesentlichen Ergebnisse der von AHO, Verband beratender Ingenieure (VBI) und der Bundesingenieurkammer beim Institut für Freie Berufe (IFB Nürnberg) beauftragten Jahresumfrage zur wirtschaftlichen Lage der Ingenieure und Architekten für das Jahr 2023 vorgestellt. Der AHO-Vorstandsvorsitzende konnte erneut ein überwiegend positives Bild der wirtschaftlichen Situation von Ingenieur- und Architekturbüros im Jahr 2023 darstellen. Dies verdeutlichen nicht zuletzt die nach wie vor stabilen Umsätze und Renditen, auch wenn diese wegen der teilweise inhomogenen Struktur der beteiligten Planungsbüros unterschiedlich ausfallen. Ungebrochen ist dagegen die Nachfrage nach fest angestellten Ingenieuren und Architekten. Zwar ist die Nachfrage nach fest angestellten Ingenieuren mit 20,4% etwas gesunken, dagegen meldeten 43,55 % der befragten Architekturbüros einen zusätzlichen Bedarf an Architekten an. Um diese notwendigen Architekten und Ingenieure zu gewinnen, müssen die Büros tiefer in die Tasche greifen, denn die erwarteten Bruttojahresgehälter von vollzeitbeschäftigten Architekten und Ingenieuren sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die gesamten Ergebnisse der Jahresumfrage und weitere Informationen sind unter www.aho.de abrufbar. Dort finden Sie auch den AHO-Stundensatzrechner.