23.02.2024

Unterzeichnung von fremden Entwürfen als Berufspflichtverletzung

Unterzeichnung von fremden Entwürfen als Berufspflichtverletzung

Mit der Unterzeichnung von Entwürfen oder Bauvorlagen, die ein Dritter erstellt hat, können Kammermitglieder ihre Berufspflichten nach dem Baukammerngesetz verletzen und berufsrechtliche Sanktionen wie einen Verweis und eine Geldbuße riskieren.

Manch ein Kammermitglied wird solche oder ähnliche Situationen schon erlebt haben: Jemand erstellt einen Entwurf oder eine Bauvorlage und bittet das Kammermitglied darum, diese Unterlage doch zu unterzeichnen, da noch eine Unterschrift fehle. Hintergrund ist üblicherweise, dass der Ersteller selbst nicht über die formale Qualifikation verfügt, die dafür gesetzlich erforderlich ist. Beispiele für Leistungen, die nach der Landesbauordnung in Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) eine besondere formale Qualifikation erfordern können, sind das Erstellen von Bauvorlagen nach § 67 Absatz 1 BauO NRW 2018 oder auch das Aufstellen von Standsicherheitsnachweisen. Erstellt nun zum Beispiel eine nicht-bauvorlageberechtigte Person eine Bauvorlage, die von einem bauvorlageberechtigten Entwurfsverfasser hätte erstellt werden müssen, wird die zuständige Bauaufsicht diese nicht akzeptieren. Um eine Zurückweisung der Bauvorlage durch die Bauaufsicht zu verhindern, kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass sich die – formal nicht dazu berechtigten – Aufsteller solcher Unterlagen an Kammermitglieder wenden, die über die erforderliche Qualifikation verfügen, damit diese mit ihrer Unterschrift die Dokumente scheinbar legitimieren.

Kammermitgliedern ist hier zu besonderer Vorsicht zu raten: Mitglieder der Ingenieurkammer-Bau NRW dürfen nur solche Entwürfe und Bauvorlagen mit ihrer Unterschrift versehen, die von ihnen selbst oder unter ihrer Leitung gefertigt wurden (§ 33 Absatz 2 Nummer 2 des Baukammerngesetzes – BauKaG NRW). Für Mitglieder der Architektenkammer gilt die Berufspflicht entsprechend. Unter der Leitung des Unterzeichners angefertigt ist ein Entwurf oder eine Bauvorlage, wenn der Unterzeichner die tatsächliche und auch rechtlich abgesicherte Möglichkeit der Einflussnahme auf das Produkt hatte. Dies hat jüngst das Berufsgericht für Beratende Ingenieure und Ingenieurinnen sowie Ingenieure und Ingenieurinnen im Bauwesen beim Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigt.

Eine tatsächliche und rechtlich abgesicherte Einflussmöglichkeit besteht zum Beispiel bei fest angestellten Mitarbeitern, die dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht des jeweiligen Unterzeichners unterliegen, welcher auch deren Tätigkeit organisiert und überwacht. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn dem Unterzeichner, der keine rechtlich abgesicherten Weisungs-, Organisations- und Überwachungsfunktion gegenüber dem Ersteller ausübt, lediglich der fertige Entwurf oder die fertige Bauvorlage zur Unterzeichnung vorgelegt wird. Selbst wenn das Kammermitglied in einem solchen Fall den Entwurf oder die Bauvorlage zunächst noch prüft, verstößt es mit der Unterzeichnung gegen ihm obliegende Berufspflichten.

Stellt die Ingenieurkammer-Bau NRW fest, dass ein Kammermitglied unter Verstoß gegen diese Grundsätze Entwürfe oder Bauvorlagen Dritter unterzeichnet hat, kann sie beim Berufsgericht für Beratende Ingenieure und Ingenieurinnen sowie Ingenieure und Ingenieurinnen im Bauwesen beim Verwaltungsgericht Düsseldorf die Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens beantragen. Regelmäßig wird dieser Antrag auch die Erteilung eines Verweises und die Verurteilung des Betroffenen zu einer Geldbuße beinhalten. Zu diesen berufsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten tritt noch die Frage einer zivil- oder bauordnungsrechtlichen Haftung hinzu, die je nach Einzelfall zu beurteilen ist.