06.04.2023

Baumpflanzung der IK-Bau NRW in Stolberg: Sämlinge trotzen Sonne und Trockenheit

Trotz des heißen Sommers sind die rund 6000 in Stolberg von der IK-Bau NRW im Frühjahr gepflanzten Sämlinge praktisch zu einhundert Prozent angewachsen. Dieser Erfolg ist kein Zufall. Ralph Prym Geschäftsführer der Laufenburg GmbH & Co KG und insbesondere sein Forstverwalter Burkhard Priese bewirtschaften ihren Wald mit Herz und Verstand. Wie es den einzelnen Baumarten geht und welche Pflege sie benötigen? Warum man im Revier schon seit über 30 Jahren auf die Fichte verzichtet und welche Methoden zu der überdurchschnittlich guten Überlebensquote der Sämlinge führen, lesen Sie im folgenden Interview.

Von links nach rechts: Ralph Prym (Geschäftsführer der Laufenburg GmbH & Co. KG), Dipl.-Ing. Axel C. Springsfeld (Vorstand IK-Bau NRW), Burkhard Priese (Forstverwalter), Dr.-Ing. Heike Rieger (Vorstand IK-Bau NRW), Dipl.-Ing. Michael Püthe (Vizepräsident IK-Bau NRW), Christoph Spieker M.A. (Hauptgeschäftsführer IK-Bau NRW). Archivfoto der Pflanzaktion der IK-Bau NRW im April 2022
Von links nach rechts: Ralph Prym (Geschäftsführer der Laufenburg GmbH & Co. KG), Dipl.-Ing. Axel C. Springsfeld (Vorstand IK-Bau NRW), Burkhard Priese (Forstverwalter), Dr.-Ing. Heike Rieger (Vorstand IK-Bau NRW), Dipl.-Ing. Michael Püthe (Vizepräsident IK-Bau NRW), Christoph Spieker M.A. (Hauptgeschäftsführer IK-Bau NRW). Archivfoto der Pflanzaktion der IK-Bau NRW im April 2022
John M. John

IK-Bau NRW

Anfang bis Mitte letzten Jahres haben Sie teils mit tatkräftiger Unterstützung der Kammermitglieder rund 6000 Bäume in Stolberg gepflanzt. Wie haben die Sämlinge den trockenen und heißen Sommer überstanden?

Burkhard Priese

Wir haben einen fast einhundertprozentigen Anwuchs und kaum Ausfall. Wir vertrauen bei der Pflanzung seit drei bis vier Jahren auf ein eigenes System, das sich auch in diesem Sommer wieder bewährt hat.

IK-Bau NRW

Können Sie uns dieses System kurz vorstellen?

Burkhard Priese

Die Pflanzperiode hat im vergangenen November begonnen und zieht sich noch bis Mitte Mai. In dieser Zeit pflanzen wir 170.000 Setzlinge. Die Pflanzen werden in vier bis fünf Chargen abgerufen. In einem konventionellen Verfahren würden die Pflanzen direkt auf die Kahlschläge gebracht, in einen Graben gelegt und mit Erdreich abgedeckt und dann nach und nach in den nächsten Tagen und Wochen gepflanzt. Wegen der klimatischen Bedingungen – Trockenheit, höhere Sonneneinstrahlung – haben sich die Voraussetzungen für diese Pflanzmethode erheblich verschlechtert. Sie funktioniert kaum noch ohne aktive Bewässerung. Bei unserer neuen Methode tauchen wir die Wurzeln der möglichst kleinen Pflanzen, d. h. ein- oder zweijährige Sämlinge, in eine Nährstoffflüssigkeit, die die Pflanzen in den ersten vier bis sechs Wochen mit Feuchtigkeit versorgt, als Verdunstungsschutz dient und alle für den Anwuchs wichtigen Nährstoffe liefert. Die kleinen Pflanzen kommen mit Sonne und Trockenheit besser zurecht als größere Exemplare, die insbesondere mehr Wasser benötigen würde. Diese Methode hat sich bewährt und erklärt unseren geringen Ausfall. Würden wir anders vorgehen, könnten wir so viele Pflanzen in einem so kurzen Zeitraum gar nicht setzen.

IK-Bau NRW

Um die Ergebnisse als Laie besser einordnen zu können. Wann ist eine Pflanzung ein Erfolg, wann ein Misserfolg? Mit welchen Ausfallquoten muss man rechnen?

Burkhard Priese

Bei den heutigen klimatischen Bedingungen müssten wir bei konventioneller Pflanzung mit einer Ausfallquote von bis zu 50 Prozent rechnen. Früher haben wir einen Ausfall von bis zu zehn Prozent toleriert. Alles, was darüber hinausging, musste nachgepflanzt werden. Meist musste man damit rund ein Jahr, bis zur nächsten Pflanzperiode warten. Man sollte sich dabei vor Augen führen, dass unsere Forstwirtschaft reiner Wirtschaftswald ist. Als Wirtschaftsbetrieb können sie es sich nicht erlauben, abzuwarten, welche Bäume auf den Kahlschlägen von allein wachsen. Denn die Keimung der im Boden liegendem Samen wird durch Sonneneinstrahlung und Trockenheit mehr und mehr gehemmt. Ich möchte aber einen Wald haben, der Sauerstoff produziert und Kohlenstoff bindet und der Rohholz liefert. Holz ist ein reproduzierbarer Rohstoff. Damit man mit diesem Rohstoff arbeiten kann, muss ich das Holz so erziehen, dass wenig Äste vorhanden sind, damit ich dem Markt auch das Produkt zur Verfügung stellen kann, das er verlangt.

IK-Bau NRW

Sie haben auf der aufzuforstenden Fläche unterschiedliche Baumarten wie Roteichen, Esskastanien, Hybridlärchen und Küstentannen gepflanzt. Lässt sich schon beurteilen, welche Arten mit dem Klima und dem Standort zu Recht kommen und welche nicht?

Burkhard Priese

Man forscht seit zehn bis 15 Jahren in diesem Bereich. Bei der langen Lebensdauer eines Baumes sind Forschungsergebnisse bezüglich der Anpassung einzelner Baumarten an unser Klima aber nur bedingt aussagekräftig. In den letzten 20 Jahren habe ich bei meinen Exkursionen im Umkreis gezielt auf ältere Bäume geachtet. Dabei habe ich gesehen, dass unsere heimischen Baumarten wie Eiche, Buche, Fichte und Birke oft schlecht aussehen. Dabei sind mir in einem Revier ältere, sehr vitale Esskastanien mit einem sehr schönen Kronendach aufgefallen. Auch die Roteichen, die wir hier schon seit drei Generationen pflanzen, zeigen derzeit noch, trotz ihrer großen Blätter, ein gesundes und vitales Wachstum. Deshalb hoffe ich, dass wir beispielsweise mit diesen Baumarten die nächsten Jahrzehnte des klimatischen Wechsels überstehen. Aber eine Garantie für die Zukunft bedeutet das auch nicht.

Ralph Prym

Wir pflanzen seit 30 bis 35 Jahren in unserem Revier keine Fichten mehr. Stattdessen setzen wir schon länger auf Douglasie und Roteiche und haben damit bislang gute Erfahrungen gemacht. Zwar leidet die Douglasie an einem Pilz, namens rußige und rostige Douglasienschütte und das muss man beobachten. Zusätzlich pflanzen wir heute auch Hybridlärchen, Esskastanien und Küstentannen. Jeder Baum hat dabei Vor- und Nachteile. Beispielsweise entstehen bei der Esskastanie leicht Zwiesel, also gleichstarke Haupttriebe, und benötigt deshalb viel Pflege.

IK-Bau NRW

Was war denn für Sie der Grund, schon vor rund 35 Jahren auf die Fichte zu verzichten?

Burkhard Priese

Die Entwicklung deutete sich für mich schon Anfang der neunziger Jahre an. Zunächst litten die Fichten zu dieser Zeit unter schweren Stürmen, dann kam der Borkenkäfer. Trockenheit und einen Vegetationswechsel konnte man im Revier schon zu dieser Zeit beobachten. Bei der Fichte können sie sehr gut erkennen, ob der Baum noch guten Zuwachs hat, indem man den Terminaltrieb beobachtet. Wenn dieser sich verkürzt, ist der Baum krank, dann stimmt etwas nicht. Das zeichnete sich damals für mich schon ab, auch wenn es noch nicht jeder wahrhaben wollte. Wir verlieren auch heute noch nach und nach unsere alten Fichtenbestände. Die Hälfte des ursprünglichen Bestandes in diesem Revier, die noch da ist, sieht leider auch sehr schlecht aus. Nach meiner Prognose wird es noch drei bis vier Jahre gutgehen, dann werden diese Fichten auch verschwunden sein.

IK-Bau NRW

Warum benötigen neue Baumarten, die sich besser mit den klimatischen Gegebenheiten vertragen, mehr Pflege als beispielsweise die Fichte?

Burkhard Priese

Die Esskastanien, die wenige Jahre nach der Pflanzung schon bis zu 3 Meter hoch sind, neigen dazu mehrere Haupttriebe zu bilden. Als Forstwirt muss man wissen, welches Ergebnis man am Ende haben möchte. Zum Beispiel kann es Sinn ergeben, bei der Esskastanie diese sogenannten Zwiesel stehen zu lassen und ein oder zwei dieser Zwiesel schon frühzeitig zu verwerten. Das Holz der Kastanie ist beispielsweise für die Herstellung von Pfählen sehr beliebt. Bei den Roteichen muss man nach 20 bis 25 Jahren das ein oder andere Exemplar wegnehmen, das zwar starkwüchsig, aber von minderer Holzqualität ist. In der Jugendphase achten wir, da wir ja mit jungen 2-jährigen Sämlingen arbeiten, nach größeren Niederschlägen darauf, dass die unerwünschte Begleitflora den Sämling nicht verdrängt.

Ralph Prym

Wir dürfen auch eines nicht vergessen. Wir bewegen uns in einem Wald und in diesem Wald leben Tiere. In unserem Revier finden wir Rotwild, Schwarzwild, Rehwild und auch Muffelwild. Die Laubhölzer wie Roteichen überleben nicht, ohne die Pflanzung einzugattern. Lassen sie das Gelände offen, frisst das Wild die jungen, neuen Triebe. Auch das bedeutet einen erheblichen Aufwand.

Burkhard Priese

Besonders der Schutz der jungen Wurzeln vor Schwarzwild ist sehr wichtig und das nicht nur bei den Laubbäumen. Die Pflanzen sind, wenn sie aus der Baumschule kommen, erheblich mit Stickstoff angereichert und der Stickstoff in den Sämlingen lockt Wildschweine an. Diese können über Nacht eine ganze Kultur mit etwa 1500 Pflanzen zerstören. Wir schützen die Pflanzen deshalb durch Verbissschutzmittel und mischen auch Cornitol bei, das das Schwarzwild durch seinen Geruch vergrämt. Auch das ist ein enormer Aufwand. Aber es ist immer teurer nachzupflanzen als die Pflanzen sofort, wenn auch mit viel Arbeit, zu schützen.

IK-Bau NRW

Welche Rolle spielt denn die Begleitflora der Bäume, etwa als Verdunstungsschutz?

Burkhard Priese

Wir schneiden die Fläche nicht komplett frei, sondern versuchen das Freischneiden auf ein Minimum zu begrenzen. Wir entfernen Farnkraut, Ginster, Brombeere und Himbeere. Diese Pflanzen würden die Sämlinge ansonsten überwuchern. Die sonstige Begleitflora wie zum Beispiel Fingerhut oder das Schmalblättrige Weidenröschen bleiben stehen. Zwar können auch diese Pflanzen über die Sämlinge hinaus wachsen, fügen dem Baum aber keinen Schaden zu. Die Bodenbedeckung durch solche Pflanzen ist als Verdunstungsschutz sehr wichtig, da eine aktive Bewässerung nicht möglich ist.

Das Interview führte IK-Bau NRW-Pressesprecher Dr. Bastian Peiffer