26.11.2015
Düsseldorf. Die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen begrüßt den Beschluss der Bauministerkonferenz, am ursprünglichen Fahrplan für die Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) fest zu halten. „Die Klimaschutzziele erreichen wir nicht, indem wir im Wohnungsbau Effizienzstandards aussetzen “, erklärte Kammerpräsident Dr.-Ing. Heinrich Bökamp.
Die Bauministerkonferenz hatte Ende Oktober beschlossen, nicht vom bisherigen Zeitplan für die Novellierung der EnEV abzurücken. Die geplanten Änderungen treten demnach zum Jahreswechsel in Kraft. Zahlreiche Verbände hatten zuvor ein mehrjähriges Moratorium oder ein generelles Aussetzen der Energieeinsparverordnung gefordert – unter anderem, um Impulse für den Wohnungsbau zu schaffen.
Der Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, mahnte eine differenziertere Betrachtungsweise an. „Wer glaubt, die EnEV sei der größte Hinderungsgrund für die schnelle Schaffung von Wohnraum, der irrt“, so der Kammerpräsident, der außerdem mahnt: „Wir dürfen unsere Verantwortung für Energieeffizienz und die Kosten, die die hierzu notwendigen Maßnahmen mit sich bringen, nicht auf die nächste Generation verlagern.“ Wichtiger sei, durch kürzere Verfahrenszeiten und eine intelligente Planung dazu beizutragen, dass schneller gebaut werden könne – dies reduziere die Kosten in weit höherem Maße als die Erfordernisse, die die EnEV mit sich bringe.
Bereits heute, so der Kammerpräsident weiter, biete die EnEV Spielräume, um nachweislich unwirtschaftliche Maßnahmen nicht durchführen zu müssen.
Zudem sei es im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes möglich, schnell Wohnraum zu schaffen, ohne die EnEV in Gänze anwenden zu müssen. Dies und die Tatsache, dass für die erste Jahreshälfte 2016 eine strukturelle Neukonzeption von EnEV und EnEG durch eine Bund-Länder-Kommission vereinbart worden sei, reiche aus, um die Erfordernisse von Klimaschutz und Wohnungsmarkt in Einklang zu bringen. „Eine Reform ist gut und notwendig“, so Bökamp. „Dieser Prozess wird aber nur dann gelingen, wenn wir die EnEV nicht komplett aussetzen, sondern sie als aktuell geltende Vorschrift reformieren.“
„Der Fokus“, so Bökamp, „muss künftig auf Planungen durch Planer liegen, die das ‚System Haus‘ als Ganzes und über den gesamten Lebenszyklus betrachten.“ Leider konzentriere sich der Wohnungs- und Sanierungsmarkt noch immer viel zu sehr auf einzelne Bauteile und Komponenten und nicht auf in sich stimmige Gesamtlösungen. „Wer Energieeffizienz nur dahingehend begreift, noch mehr Dämmung aufs Dach zu packen, effizientere Fenster einzubauen und generell immer die Heizungsanlage oder einzelne Komponenten auszutauschen, der tappt natürlich schnell in die Kosten- und Wirtschaftlichkeitsfalle“, so Bökamp. „Es kommt auf das schlüssige Gesamtkonzept an, das mittelfristig zur Kostenreduktion beitrage.“ Dass ein solches Konzept unabhängige Planung und konsequente Kontrolle der Bauausführung stemmen könne, die nicht vom Verkauf einzelner Komponenten profitierten, verstehe sich von selbst.
Der Kammerpräsident bekannte sich klar zur Verantwortung der Bauschaffenden für die Erreichung der Klimaschutzziele: „Energieeffizienz kann man nicht mal eben für ein paar Jahre vernachlässigen, weil es den Märkten kurzfristig opportun erscheint. Wir sehen doch heute, wie schwer es fällt, den Sanierungsstau der vergangenen Jahrzehnte aufzulösen. Da können wir nicht sehenden Auges die Sanierungsfälle der kommenden Jahrzehnte produzieren und unseren Kindern sagen: ‚Tut uns Leid, das ging eben nicht anders, das ist jetzt euer Problem.‘“
Die Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV) tritt zum 1. Januar 2016 in Kraft. Sie sieht einen erhöhten Energiestandard für Neubauten vor. Im Vergleich zur jetzt gültigen EnEV muss der Primärenergiebedarf bei Nichtwohngebäuden um 25 Prozent niedriger liegen, der Wert für den zulässigen Wärmeverlust durch die Gebäudehülle sinkt um rund 20 Prozent.