Die Bundesingenieurkammer hat sich wegen der anhaltenden schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz gewendet:
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
heute wenden wir uns als gemeinsame Arbeitsplattform der Länderingenieurkammern, die rund 45.000 Ingenieurinnen und Ingenieure vor allem aus dem Bauwesen vertreten, an Sie. Wir und unsere Mitglieder sind außerordentlich beunruhigt im Hinblick auf die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere mit Blick auf die Wertschöpfungskette Bau. Die Bundesregierung, aber auch die Länder, haben hier in den letzten Monaten vieles angekündigt, umgesetzt wurde jedoch kaum etwas. Wenn der Bau dringend benötigter bezahlbarer Wohnungen scheitert, verlieren wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt und gefährden unsere Demokratie.
Als Ingenieurinnen und Ingenieure stehen wir am Anfang der Wertschöpfung im Bauwesen. Wir müssen feststellen, dass die großen Auftragsrückgänge, insbesondere im Wohnungsbau, einen volkswirtschaftlichen Schaden erzeugen, der dauerhaft unsere Existenz gefährdet.
Bei einem Auftragsrückgang von bis zu 80 Prozent im Wohnungsbau wird deutlich, wie es der Planungs- und Baubranche derzeit geht. Dieser Rückgang kann auch nicht durch die Investitionen im Infrastrukturbereich aufgefangen werden. Aufgrund unserer kleinteiligen Struktur sind für viele Planungsbüros auch Aufträge im Wohnungsbau sehr wichtig. Unsere Mitglieder verspüren massive Auftrags- und Umsatzrückgänge, die mittel- und langfristig auch zum Abbau dringend notwendiger Kapazitäten führen werden, wenn nicht sofort etwas geschieht. Dies ist nicht nur ein vorübergehendes Problem, diese Kapazitäten fehlen dann auch dauerhaft. Dem muss dringend entgegengewirkt werden. Bitte werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht und beseitigen diese Missstände umgehend.
Deutschland war immer Impulsgeber durch Exzellenz in Wissenschaft und Technik. Dies war möglich, weil die Ingenieurinnen und Ingenieure unter Berücksichtigung der notwendigen Technologieoffenheit viele Entwicklungen nach dem Stand der Technik umgesetzt haben und dies auch konnten. Ohne diese Technologieoffenheit verlieren wir unsere Innovationskraft.
Unsere Mitglieder sind systemrelevant – ohne sie läuft in der Gesellschaft nichts! Das gilt für den Hochbau genauso wie für den Infrastrukturbereich. Unsere Mitglieder benötigen aber dringend einen zuverlässigen, belastbaren und zukunftsfähigen Handlungsrahmen.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler: Handeln Sie jetzt und setzen Sie sich dafür ein, dass die gemeinsam im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum erarbeiteten Vorschläge und Maßnahmen umgehend umgesetzt werden. Für weiterführende Gespräche stehen wir natürlich jederzeit zur Verfügung.
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp
Präsident der Bundesingenieurkammer